„Punjab finished!“ Mit diesen Worten deutete unser Fahrer
auf das Schild vor der alten einspurigen Brücke mit dem brüchigen Asphalt.
„Next is Himchal Pradech“.
Der „Grenzwechsel“ könnte eindrucksvoller nicht sein.
Sofort beginnt sich die Landschaft hinter dem ausgetrockneten Flußbett zu
ändern. Wo wir bislang noch durch eine flache Landwirtschaftsfläche mit Reis-
und Zuckerrohrfeldern gefahren sind, zeichnen sich nun die ersten Hügel ab,
Vorläufer des Himalaya. Und eines verändert sich auch noch: der Dreck hört auf.
Erst will es uns nicht auffallen, denn wir schauen
gespannt auf die Häuser, die auf einmal richtige Dächer mit Dachschindeln oder
buntem Wellblech tragen. Ihre Bauform wird kubisch, mehrstöckig mit
Fenstergesimsen und flachen schrägen Dächern, so wie wir sie auf der Fahrt von
Kathmandu nach Chitwan in Nepal gesehen haben. Die Gesichter verändern sich,
die Kleidung und die Art der Landwirtschaft. Alles trägt nicht-indische Züge,
wie halt in Tibet. Die Vegetation wird dichter, Kieferwälder und Pinien
dominieren, Täler entstehen mit tiefen Schluchten und bizarren Kiesbetten. Und
kein Plastikmüll mehr!
Die Straße wird steiler und schlängelt sich in engen
Serpentinen in die Höhe und gibt die ersten Blicke auf die ersten Ausläufer des
so nahe wirkenden Gebrigsmassiv des Himalaya mit seinen schneebedeckten Gipfeln
frei. Davor klebt wie ein Schwalbennest. Der
Ort wurde 1848 von England annektiert, und ein Jahr später wurde eine Garnison
begründet. Es ist kein großer Ort. 19000 Menschen leben hier,
überwiegend Exil Tibeter. Auf 1300m quälen wir uns in engen Gassen vorbei an
Strßengeschäften und ihren Auslagen. Es ist ein Himmelfahrtskommando
insbesondere bei entgegenkommenden Autos. Entsprechend laut ist die Fahrt mit
einem permanenten Hupkonzert begleitet. Wir sehen auf Schnitzereien,
Handarbeiten mit Wollsachen, Messingdevotionalien, Klangschalen und
Lebensmitteln.
400 Höhenmeter und 9 km später durchfahren wir die
ehemalig Garnison, jetzt indisches Militärgelände, einen dichten Kieferwald, in
dem malerisch die Kirche „St John in the Wilderness“ mit ihrem Friedhof liegt,
und einen weiteren kleinen Vorort, bevor wir in „upper“ Dharesalam oder McLeod Ganj eintreffen. Es war eine frühere
Hill Station der Briten, eine Sommerresidenz zum Rückzug aus der Ebene mit
ihren 45° heißen Sommermonaten.
Seine Bedeutung hat McLeod Ganj heute durch die Residenz
von Tendzin Gyatsho, dem derzeitigen Dalai Lama, der 1959 aus Tibet hierher flüchtete.
Zugleich ist Dharamsala Sitz der tibetischen Exilregierung, die von Indien
gestattet wurde.
Beim Gang durch die verwinkelten Gassen wähnt man sich in
einem anderen Land als Indien. Alles erinnert an Tibet Nepal oder halt Lhasa,
weshalb der Ort den Spitznamen „Little Lhasa“ trägt. Man kann es kaum
beschreiben, doch es ist einfach eine Reise in eine gänzlich andere Kultur in
einem so diversen Kontinent wie Indien.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen