Von Orchha fuhren wir mit dem Auto in Richtung Khajuraho. Im Morgenlicht
leuchteten die Senffelber goldig und der Weizen in sattem Grün. Die Straße
verwandelte sich bald in einen erbärmlichen Zustand, und unser Fahrer musste
sein Tempo drosseln, dass ich dachte, dass nur ein Gletscher noch schneller
vorwärts kommt. Ab Kilometer 80 gab es endlich wieder eine durchgehende
Asphaltdecke. So dass wir nach 3 Stunden und 140 Kilometern in Khajuraho
ankamen.
Der Ort selber ist im Vergleich zu den übrigen Städten ein Dorf. Nur 19.000
Einwohner leben hier. Es gibt einen alten und einen neuen Teil mit einer
westlichen und östlichen Tempelgruppe. Wir mussten erst nachsehen, was das
besondere an diesem Ort ist. Als UNESCO Weltkulturerbe beherbergt er die
ältesten und bedeutendsten Tempel mit erotischen Darstellungen, Stichwort
Kamasutra.
Im östlichen, weniger besuchten Teil liegt eine Jain Tempelgruppe, im
westlichen touristischen Teil dagegen eine Anlage mit Hindu Tempeln. Sie stammen
aus der gleichen Zeit wie Angkor Wat in Kambodscha, die Handschrift der
Künstler ist unverwechselbar. Besonders schön ist der Zustand der Tempel. 95%
sind im Originalzustand. Der rote Sandstein wird alle 5 Jahre gesäubert, um die
Grabbelspuren der japanischen Reisegruppen wieder zu beseitigen, die für ein
Bild alles rücksichtslos erstürmen und anfassen.
Unser Guide erklärt fachkundig Szenen aus dem Alltag, die 11, 12, 69 und
73, sowie den einzigen lachenden Elefanten, der sich angesichts der Posen des Liebespaares
zu amüsieren scheint. Dazu gibt es natürlich auch den großen Clan von
hinduistischen Gottheiten zu sehen, deren komplexe Verwandtschaftsverhältnisse
schwer wiederzugeben sind.
Interessant ist auch die Bauweise. Die Steine der Anlage fassen ineinander
und werden Reihe für Reihe aufeinandergelegt und zum Schluss mit einem „Schlussstein“
abgeschlossen. Dieser hat eine lotusblütenförmige Form und verkeilt so die
aufsteigenden Schenkel des Turmes. Entfernt man ihn, um z.B. den Tempel umzusetzen,
würden sich diese wiederum wie eine Lotusblüte öffnen.
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