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Freitag, 14. Februar 2014

Darjeeling: Tea, Dust und Momos



Morgens standen wir um 4.00 Uhr, um den Sonnenaufgang auf dem Tiger Hill zu erleben. Wo ursprünglich die Briten noch den Tiger brüllen hörten, machen sich heute Touris auf die Pirsch, um auf der einen Seite den Sonnenaufgang zu sehen und auf der anderen das Alpenglühen des Mount Everest mit dem Kangchendzönga Massiv.

Auf indisch geht das so: Das Rennen um die besten Plätze ist bereits ab 4.00 Uhr morgens eröffnet. Über eine schmale Sand- und Schlaglochpiste rumpeln Kolonnen von übervoll besetzten Fahrzeugen den Berg empor auf 2500 Höhenmeter. War es in Darjeeling morgens noch kalt mit gefrorenen Scheiben und bereiften Pflanzen, ist es oben bitter kalt. Am Tor zu diesem Abschnitt lösen wir ein Ticket für die „Deluxe Lounge“ (40 Rupies pp). Meine Verwunderung wird rasch beantwortet. Nur wenige Fahrminuten und Serpentinen später stauen sich bereits Fahrzeuge am Wegesrand bis zu einem Parkplatz, hinter dem sich ein zweistöckiger Gebäudekomplex erhebt. Wir stolpern die enge Treppe empor und finden uns in einem um fast 360° verglasten Saal wieder, in dem in drei Reihen ausladende Polstersessel nach Osten ausgerichtet sind. Der Raum ist bereits voll. Es finden sich außer uns nur noch drei weitere westliche Touris. Unterhalb auf der Veranda drängen sich bereits unzählige Schaulustige, dicht vermummt in Decken und bis zur Scheitelspitze eingepackt in Schals und Capes.

Wir müssen noch eine Stunde warten. Es wird ab 5.30 allmählich heller. Leider ist es diesig. Dichte Wolken versperren die Sicht. Plötzlich belebt sich die Szene. Wir hören Trillergepfeife. Jetzt, ja, für einen kurzen Moment können wir eine blass rote Sonnensichel sehen, die bereits über den Bergkämmen steht. Und ebenso für einen kurzen Augenblick sehen wir Berge, aber nicht den Everest. Es herrscht dichtes Gedränge an den Fenstern. Das ist der Moment, wenn das Schiff Schlagseite bekäme. 

Mühsam und mit viel Kraftanstrengung kann ich mir nur einen Weg bahnen. Meine Zehen werden langsam taub. Trotz der vielen Schichten setzt das Kältezittern ein. Ich staune über die barfüßigen Frauen in Zehensandalen. Ihr Gang ist schwer, vermutlich spüren die gar nichts mehr. Ich schlage die Autotür zu, lasse die Bilder an mir vorüberziehen und bin froh, wieder im Warmen zu sitzen.



Ghoom Kloster



Apotheke mit britischen Elementen


"Mall"
Fassade in der Mall

Somosa in Handarbeit
Tea time
Auch tagsüber merken wir die Höhe. Darjeeling liegt 2185 m hoch. Während der britischen Kolonialherrschaft diente Darjeeling wegen seines milden Klimas als „Hill Station“ (Erholungsort) für britische Kolonialbeamte und Offiziere aus dem fernen Kalkutta. Im DAS Fotostudio inmitten der Einkaufsstraße, die die Briten als „Mall“ angelegt hatten, zeigen alte Luftaufnahmen von 1933 eindrücklich die großzügige Anlage dieses Ortes. Heute sind die Lücken mit eng bebauten Häusern und Häuschen geschlossen, die die alten britischen Gebäude überragen und verschwinden lassen. Die alten Holzgebäude sind in einem bedauerlichen Zustand. Die Farbe platzt ab, das Holz verwittert. Gehalten hat sich die anglikanische Kirche am Ortsausgang, eine Schule und das Verwaltungsgebäude mit dem obilgaten Glockenturm.

Es herrscht ein dichtes Verkehrsaufkommen. Wir sind nicht ganz sicher, ob der anhaltende Dunst nur Dunst oder Smog ist. Der beißende Geruch würde für Smog sprechen.


 Seit Jahrhunderten lebte Darjeeling vom Karawanenhandel zwischen Tibet und Indien. Im 19. Jahrhundert wurde die Region von Darjeeling von der Kolonialmacht England zu einem Zentrum des bengalischen Teeanbaus entwickelt. Doch erst deutsche Unternehmen sorgten für eine Verbesserung der Qualität. Heute genießt Darjeeling für seinen hochwertigen Darjeeling-Tee weltweit einen herausragenden Ruf. Angesichts der hohen Luftverschmutzung, durch die wir seit 3 Tagen fahren, tragen bestimmt auch Rußpartikel zu dem einzigartigen Geschmack bei.

Wir laufen durch die kurze Mall und erreichen einen offenen Platz. Hier treffen sich die Menschen zu einem Plausch auf den umherstehenden Bänken. Ich sehe überwiegend nepalesische Gesichtszüge. Die Älteren strahlen eine ungewöhnliche Ruhe und Würde aus. Die Jungen sind wie bei uns, „westlich“ gekleidet in Jeans und kurzer Jacke, die schwrzen Haare wie James Dean zurückgekämmt und das Handy in der Hand. Die Mädels dagegen laufen in kleinen Grüppchen, giggeln und schauen nach den Jungs. Hier werden keine Ehen mehr arrangiert, betont unser Guide. Es sind vielmehr Liebeshochzeiten, die Scheidungsrate liegt unter 1%.
Wir entscheiden uns für eine Teeprobe bei „Golden leaf“, einem Teeladen an dem Platz. Wir legen die Tees für das Verkosten fest: einen „White Darjeeling“, einen „first flush“, einen „Green Queen“ und einen „Green tea orange“. Mir erscheinen die Tees im Geschmack jedoch zu strohig, kein Argument für einen Wechsel vom Kaffee.

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